Lebensmittel-Lügen

Lebensmittel-Lügen

Was steht drauf – was ist wirklich drin?

Lammsalami voller Schweinefleisch, Erdbeer-Joghurt mit künstlichem Aroma statt Erdbeeren, Alpenmilch, die aus Schleswig-Holstein kommt – wer im Supermarkt nicht ganz genau hinschaut, fällt oft auf Mogelpackungen der Lebensmittelindustrie rein!

Im neuen Ratgeber-Buch „Lebensmittel-Lügen – wie die Food-Branche trickst und tarnt“ entlarvt die Verbraucherzentrale gängige und neue Werbe- und Kennzeichnungstricks, und wie Verbraucher die Maschen erkennen können.

Vergrößern „Lebensmittel-Lügen. Wie die Food-Branche trickst und tarnt“, Verbraucherzentrale, 9,90 Euro
„Lebensmittel-Lügen. Wie die Food-Branche trickst und tarnt“, Verbraucherzentrale, 9,90 Euro
Foto: Verbraucherzentrale

Die Top Ten der Lebensmittel-Tricks

1. Produktnamen können blenden

Wohlklingende und fantasievolle Produktnamen sind ein wichtiges Marketinginstrument der Anbieter. Verbraucher sollten sie kritisch prüfen, indem sie die „Verkehrsbezeichnung“ der Ware checken, die oft viel kleiner auf der Packungsrückseite aufgedruckt ist. Verkehrsbezeichnungen müssen darüber informieren, welche Lebensmittel mit welchen charakteristischen Eigenschaften sich tatsächlich hinter den Produktnamen verbergen.

Beispiel: „Crispy Chicken“ verspricht krossen, knusprigen Hühnerfleischgenuss und steht deshalb auf der Vorderseite der Verpackung. Die korrekte Verkehrsbezeichnung „Hähnchenbrustfleisch zusammengefügt, paniert" lädt schon viel weniger zum Kaufen ein.

Tipp: Nehmen Sie in der Verkehrsbezeichnung jedes einzelne Wort ernst! Ein Frischkäse „mit Ziegenmilch“ ist eben nicht dasselbe wie einer „aus Ziegenmilch“. Der erste kann erheblich mehr Kuh- als Ziegenmilch enthalten. Und „Himbeergeschmack“ steht meist nicht für Himbeeren – sondern für Aroma.

Schweinefleisch in Rindersalami

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Was steckt wirklich in unserem Essen? In Fleischwurst ist nur 8 Prozent echtes Fleisch

Was steckt im Essen? In Fleischwurst sind nur 8 % echtes Fleisch

Schweinefleisch in Rindersalami, Pflanzenmargarine mit Rindertalg. Klingt absurd? Ist aber ganz legal!

2. Tierarten-Kennzeichnungs-Tricks

„Muh statt Mäh?“: Bei Bezeichnungen wie „Wildpastete“, „Geflügelwiener“ und „Lamm-Salami“ erwarten Verbraucher, dass das Fleisch im Produkt von der genannten Tierart stammt. Manchmal sind aber nur Kleinstmengen davon enthalten. Auch teurere Produkte der genannten Sorten werden oft mit mehr Schwein oder Rind gestreckt, als mit Fleisch von der ausgelobten Tierart.

Tipp: Die tatsächlichen Anteile der Tierarten müssen im Zutatenverzeichnis (oft auf der Packungsrückseite) benannt sein. Das sollten Sie daher vor dem Kauf eingehend studieren.

3. Schöne Abbildungen täuschen oft

Pralle Früchte oder knusprige Entenbrust auf Lebensmittel-Etiketten springen sofort ins Auge. Lassen Sie sich nicht täuschen! Für wörtlich genannte und abgebildete Zutaten gilt die „Mengenkennzeichnungspflicht“. Erst im Kleingedruckten auf der Rückseite erfahren Sie, wenn wenig davon tatsächlich im Produkt steckt.

Tipp: Achten Sie bei der Abbildung auf den kleingedruckten Hinweis „Serviervorschlag“: Denn dann können hochwertige Zutaten gezeigt werden, die im Produkt nicht drin sind! Ein hoher Preis und eine schöne Aufmachung der Verpackung bedeuten nicht unbedingt besondere Qualität. Preiswerte Lebensmittel in schlichter Verpackung können oft mithalten.

4. Alkohol in Lebensmitteln? Zutatenliste prüfen!

Erdbeerkonfitüre, Früchtekuchen, Salatdressings, Lachsfilet in Soße – kaum jemand vermutet hier Alkohol als Zutat. Viele Menschen wollen oder müssen aber selbst geringste Mengen Alkohol vermeiden: Für trockene Alkoholkranke bergen allein Geschmack und Geruch die Gefahr eines Rückfalls.

Tipp: Prüfen Sie immer die Zutatenliste: Auf verpackten Lebensmitteln müssen alkoholhaltige Zutaten angegeben sein. Vorsicht: Sehr geringe Alkoholmengen können sich als Trägerstoffe oder Lösungsmittel von Aromen im Lebensmittel verstecken. Hier muss der Alkohol nicht deklariert sein, taucht nur als „Aroma“ auf. Bei loser Ware hilft nur Nachfragen.

5. Vorsicht bei Werbung mit „Heimat“ und „Region“

Ein neuer Trend ist Werbung mit Regionalität. Der Haken: Es gibt bisher keinerlei rechtliche Regelung dafür, was sich „regional“ nennen und mit „Heimat“ werben darf. Daher legen Anbieter munter selbst fest, wie groß die „Region“ ist, ob die Rohstoffe aus dem Gebiet stammen, oder ob nur die Herstellung dort erfolgte. Herkunft und Ursprung müssen bei den meisten Lebensmittelgruppen nicht gekennzeichnet werden.

Die höchsten Anforderungen gelten für das Siegel „geschützte Ursprungsbezeichnung“. Ist es auf der Packung abgebildet, muss der Rohstoff aus dem angegebenen Gebiet stammen und sämtliche Produktionsschritte müssen dort erfolgen.

Tipp: Wenn Ihnen „Region“ oder „Heimat“ versprochen werden, sollten Sie dazu weitere aussagekräftige Informationen auf der Verpackung finden. Fehlen diese, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um leere Versprechen.

6. Künstlich trotz „Hausfrauenart“

Bei den Begriffen Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe & Co. gehen bei vielen Verbrauchern die Alarmglocken an: Die Produktionsmethoden, Zutaten und Zusatzstoffe klingen künstlich und ungesund. Gegen dieses schlechte Image, das verarbeiteten Lebensmitteln anhaftet, wählen Anbieter spitzfindige Werbeaussagen zu „Natur“ und „Tradition“, die rechtlich kaum angreifbar sind.

Beispiel: Steht „Ohne Zusatzstoff Geschmacksverstärker“ auf der Packung, sind häufig Ersatzzutaten enthalten, die den Geschmack verstärken, z. B. Hefeextrakt, Sojasoße oder Würze.

Aber: Lebensmittel im Supermarktregal stammen in der Regel eben nicht aus der Naturidylle oder aus Omas Kochtopf. Lassen Sie sich also durch Werbung wie „traditionell“, „altes Hausrezept“, „ohne Zusatzstoffe“ und „Natur“ nicht einlullen.

Tipp: Rechtlich geregelt ist nur die Öko-Kennzeichnung. In allen anderen Fällen legt der Hersteller fest, was er unter der jeweiligen Werbeaussage versteht. Halten Sie sich daher an die „altbewährten“ Informationsquellen, Zutatenliste und Nährwertkennzeichnung, um die Produktqualität einzuschätzen.

Mogelpackungen

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Billig-Zutaten statt hochwertiger Lebensmittel – bei manchen Fertigpizzen wird an der Qualität gespart. Ein Blick auf die Zutatenliste ist oft aufschlussreich

Billig-Zutaten im Essen Daran erkennen Sie Mogelpizza und Co.!

Formfleisch statt Schinken auf der Pizza, E-Nummern-Wirrwarr auf Verpackungen. Das müssen Sie bei Fertiggerichten beachten.

7. Was gesund klingt, macht nicht unbedingt gesund

„Fettfrei“, „mit hohem Kalzium-Gehalt“, „Unterstützt das Immunsystem“: Die Food-Branche verleiht ihren Produkten gerne ein gesundes Image und einen vermeintlichen Zusatznutzen. Wenn ein Lebensmittel verspricht, dass es nicht nur gut schmeckt, sondern auch reich an besonderen Nährstoffen ist, gleichzeitig Gesundheit und Vitalität fördert, zahlt man auch gerne mal etwas mehr dafür.

Aber: Ein Zuviel an zusätzlich zugeführten Vitaminen und Mineralstoffen nutzt im besten Fall nichts, im schlechtesten ist es gesundheitlich bedenklich. Um sich gesund und abwechslungsreich zu ernähren, braucht man keine Vitamin- und Mineralstoffzusätze.

Und: Häufig wird ein natürliches Merkmal eines Lebensmittels herausgestellt, als wäre es etwas besonderes. Beispiel: von Natur aus laktosefreie Hart- und Schnittkäse, die extra als „laktosefrei“ deklariert und teurer verkauft werden.

Tipp: Seien Sie skeptisch, wenn Ihnen Anbieter Produkte mit einem vermeintlichen gesundheitlichen Zusatznutzen wie „Extraportion Milch“ oder „viele Vitamine“ verkaufen wollen. Ein Blick auf die Nährwerttabelle zeigt, dass auch diese Produkte oft viel zu viel Zucker oder Fett enthalten.

8. Fehlende oder winzige Zutatenlisten

Bei vielen Verpackungen ist das Zutatenverzeichnis auf kleinstem Raum zusammengedrängt, kontrastarm und fast schon unleserlich. Rechtliche Schlupflöcher werden zudem gern ausgenutzt: Auf Getränken mit einem Alkoholgehalt über 1,2 Volumenprozent (außer Bier) darf es generell fehlen, ebenso bei manchen Käse- und Milcherzeugnissen oder auf sehr kleinen Verpackungen.

Tipp: Greifen Sie im Zweifelsfall zu einem ordentlich beschrifteten Produkt. Beschweren Sie sich beim Anbieter, wenn Zutatenlisten fehlen.

9. Füllmengen-Mogelpackungen

Um mehr Füllmenge vorzugaukeln, arbeiten manche Anbieter mit unverhältnismäßig viel Luft, doppelten Böden oder überdimensionierten Umkartons. Wenn Verbraucher die großen Verpackungen öffnen, finden sie teils eine wahre „Luftnummer“ vor – und müssen den Inhalt quasi erst mal suchen.

Das Verhältnis von Inhalt und Verpackung ist nicht gesetzlich geregelt. Gerichte entscheiden im Einzelfall, ob eine Täuschung vorliegt, da nicht jede übergroße Verpackung verboten ist, z.B. bei Pralinen.

Tipp: Kommt ein Produkt im neuen Design daher, wird eine verbesserte Qualität beworben oder eine neue Sorte eingeführt, sollten sie misstrauisch sein und auf die Füllmenge achten. Wenn Sie erst zu Hause bemerken, dass in der „alten“ Verpackung im Vorratsschrank bei gleichem Preis mehr Inhalt steckt, können Sie beide fotografieren und die Fotos an die Verbraucherzentrale Hamburg (ernaehrung@vzhh.de) schicken. Ihr Fund wird dort in einer Liste veröffentlicht. Die Liste aller gemeldeten „geschrumpften“ Verpackungen finden Sie auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg beim Thema „Ernährung + Lebensmittel“.

10. Lückenhafte Kennzeichnung loser Ware

Viele Käufer, die auf eine gute Produktqualität achten, bevorzugen „frische Lebensmittel“ vom Bäcker oder Metzger nebenan, vom Markt oder den Bedienungstheken der Supermärkte. Sie sind auch bereit, dafür einen höheren Preis zu zahlen.

Ob diese Einkaufsquellen aber tatsächlich eine bessere Qualität bieten, lässt sich für die Kundschaft kaum beurteilen. Denn die gesetzlichen Regelungen zur Kennzeichnung von loser Ware sind spärlich.

Tipp: Löchern Sie das Verkaufspersonal mit Nachfragen, wenn Sie etwas zur Zusammensetzung, Herstellung und Herkunft der Produkte wissen wollen. Händler sollen merken, dass es vorteilhaft für sie ist, wenn sie umfassend und ehrlich informieren.

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